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Inhalt Teil 8:
Manchmal liegen Dinge klar auf der Hand, wie beispielsweise beim VW Käfer. Den konnte man bis Mitte der 60er-Jahre auch mit großem Faltschiebedach bestellen, einer sehr beliebten Option. Neben der klassischen Limousine ohne Dachöffnung gab es auch das Käfer Cabrio, welches bei Karmann hergestellt wurde. In den frühen 50ern existierte sogar noch eine weitere Cabriovariante, das zweisitzige Cabrio aus dem Hause Hebmüller in Wuppertal. Niemand wäre auf die Idee gekommen, einen Käfer mit Faltschiebedach als Cabrio zu sehen. Nachdem dieses durch ein Stahlkurbeldach ersetzt worden war, erst recht nicht.
Auch bei anderen Herstellern wurden die zu öffnenden Dachluken im Laufe der Zeit eher kleiner als größer, denn Faltschiebedächer waren fast nur noch als teure und deshalb selten verwirklichte Nachrüstmöglichkeit ein Thema. Im Jahre 1988 gab es jedoch ein zaghaftes Revival. Mazda stellte das an sich völlig unauffällige Modell 121 (Serie DA) mit großem, elektrisch bedienbarem Faltschiebedach, dem sogenannten Canvas Top, vor. In Deutschland war gerade dieses Detail das schlagkräftigste Kaufargument für Mazdas Kleinsten, denn bei den Wettbewerbern waren in dieser Zeit nur konventionelle Stahl- oder Glaskurbeldächer mit kleiner Luke im Angebot.
Beim Nachfolgemodell, dem 121 der Serie „DB“, hatte Mazda das Faltschiebedach eine Stufe weiterentwickelt: Es konnte nun nicht nur von vorne nach hinten, sondern auch umgekehrt geöffnet werden. Auch wenn man diese beiden Modelle deswegen noch nicht zur Gattung Cabrio zählen kann, ergaben sich in beiden Fällen Dachöffnungen, die größer sind als bei manchem Targa. Für Frischluftfreunde mit begrenztem Budget waren die beiden Mazdas jedenfalls eine Überlegung wert und wurden deswegen auch in respektablen Stückzahlen abgesetzt.
Der Mazda 121 aus den frühen 90ern revolutionierte sicherlich nicht die Kleinwagenwelt, aber er war zumindest ungewöhnlich. Das große Faltschiebedach war bei seiner Vorstellung fast ein Alleinstellungsmerkmal, und eine Karosserie mit Stufenheck in dieser Fahrzeugklasse zu lancieren, traute sich sonst kaum jemand.
Noch mehr gilt dies für einen weiteren Vertreter der Kleinwagenklasse, den originellen Renault Twingo. Mit seinen unschuldig dreinschauenden Kulleraugen wurde er vor allem bei Frauen zum Verkaufshit. Wie beim Mazda 121 sorgte ein weit öffnendes Faltschiebedach bei Bedarf für eine intensivere Frischluftzufuhr; in einer Klasse, in der zur Zeit seiner Vorstellung „richtige“ Cabrios wie der offene Golf gerne das Doppelte kosteten, war der schnuckelige Franzose mehr als eine Überlegung wert.
Mit einer Bauzeit von 14 Jahren war der Twingo ein absoluter Dauerbrenner auf dem Kleinwagenmarkt. Anfangs gab es ihn nur in einer einzigen Motorisierung, das hielt die Produktionskosten niedrig, so dass er während der gesamten Modelllaufzeit günstig angeboten werden konnte.
Beim Renault 17 aus dem gleichen Hause war auf Kundenwunsch ebenfalls eine interessante Version mit großem Faltschiebedach lieferbar. Die Modelle 15 und 17 standen in den 70er-Jahren in intensivem Wettbewerb mit den deutschen Coupés Ford Capri und Opel Manta, etwas später auch mit dem VW Scirocco. Doch mit welchen Argumenten sollte man die deutschen Konkurrenten ausstechen?
Der R 17 bot eine raffinierte Seitenlinie, bei der die vorderen und hinteren Seitenfenster komplett und ohne störende B-Säule versenkt werden konnten. In Verbindung mit dem geöffneten Faltschiebedach entstand dadurch ein Fahrgefühl, welches relativ nah an das in einem geöffneten Cabrio herankam. So gesehen darf der Renault 17 durchaus als „Crossover“ (den Begriff gab es in den 70ern allerdings noch nicht) zwischen Coupé und Cabrio angesehen werden.
Zu Lebzeiten waren die beiden Renaults R 15 und R 17 (mit den Lamellen über den hinteren Seitenscheiben) bei uns nur selten anzutreffen, dabei war die Form speziell beim R 17 nicht ohne Reiz. Wenn man der Presse glauben darf, überlegt Renault gerade, eine Neuinterpretation des R 17 auf den Markt zu bringen – dem gerade eher farblosen Image der Marke täte es sicher gut.
Auch in Deutschland gab es immer wieder Fahrzeuge, bei denen zugunsten einer eleganten Seitenansicht auf rahmenlose Seitenscheiben zurückgegriffen und auf eine B-Säule verzichtet wurde, so bei diversen Mercedes- und BMW-Coupés. Auf die Spitze getrieben wurde diese Formgestaltung jedoch beim Ford P7 Hardtop Coupé: Speziell wenn die Seitenfenster komplett versenkt sind, vermittelt solch ein Fahrzeug mit dem auf Wunsch lieferbaren Kunstlederdach die fast perfekte Illusion, vor einem Cabrio mit geschlossenem Verdeck zu stehen. Eine Mogelpackung? Sicher nicht, aber auch definitiv kein Cabrio.
Verrät sich durch die Kunststoffgitter der zugfreien Innenraumentlüftung in den C-Säulen: das Hardtop-Coupé des großen Ford aus den späten 60ern. Die Heckscheibe aus Glas wäre für ein Cabrio ebenfalls überdimensioniert, denn sie müsste bei geöffnetem Dach zusammen mit dem Verdeck verstaut werden.
Immer wieder entstanden besonders bei Sportwagen Versionen, die, gemessen an der gesamten Dachfläche, relativ große Öffnungen für die Frischluftdusche freigaben, zumindest gegen Mehrpreis. So war der Porsche 924 auf Wunsch mit einem herausnehmbaren Dachteil bestellbar, welches wesentlich mehr Luft ins Fahrzeuginnere strömen ließ als das ebenfalls erhältliche Stahlschiebedach.
Ein Cabrio ab Werk gab es für den Porsche 924 nie, erst bei den auf seiner Bodengruppe weiterentwickelten Modellen 944 und 968 waren sie im Angebot. Das herausnehmbare Dachteil war eine relativ teure Option, weshalb sie selten geordert wurde.
Vergleichbare Lösungen gab es auch aus Japan, z.B. beim Wankelsportler Mazda RX 7 oder beim extrem keilförmig gestylten Subaru XT Turbo. Das waren zwar auch keine Cabrios, aber alle diese Modelle entstanden in einer Zeit, in der erschwingliche Cabrios Mangelware waren. Also machten die Käufer dieser Autos aus der Not eine Tugend und verstauten das abgenommene Dachteil im Kofferraum, wenn die Sonne schien.
Nicht nur hinsichtlich der Dachkonstruktion von Porsche inspiriert: Der Mazda RX7 nahm unübersehbare formale Anleihen am einige Jahre zuvor vorgestellten Porsche 924. Motorseitig ging man mit dem Wankelmotor jedoch eigene Wege.
Der Subaru XT war ein Designerstück aus Japan, dessen für die 80er-Jahre typische Keilform konsequent umgesetzt wurde. Hinzu kam der markentypische Allradantrieb. In Deutschland wurden nur minimale Stückzahlen abgesetzt; relativ populär war das Auto wegen des 4WD in der Schweiz.
Richtig schwierig wird die Beantwortung der Eingangsfrage zu diesem Kapitel beim Lancia Beta Montecarlo Spider. Ist dieses Fahrzeug nun ein Spider, also ein Cabrio, oder doch nur ein Coupé mit Faltschiebedach? Die Typenbezeichnung ist jedenfalls authentisch, und sicherlich hatten sich die Lancia-Mannen etwas dabei gedacht. Das Faltschiebedach deckt beim Montecarlo tatsächlich fast die komplette Dachfläche ab. Wenn es geöffnet ist, kommt deswegen auch ähnlich viel Luft herein wie beispielsweise bei einem Fiat X 1/9 oder auch einem nobleren Targa wie dem Ferrari 328 GTS. Und ästhetisch wurde die Aufgabe seitens der Designer sehr überzeugend gelöst: im Dachbereich bleibt keine in Wagenfarbe lackierte Fläche sichtbar, weil der hintere Dachabschluss mit einer schwarzen Kunststoffblende versehen ist. Cabrio oder nicht? Beim Montecarlo bleibt die Antwort offen.
Heute unvorstellbar, dass der Lancia Montecarlo so wenig Käufer (knapp 8000) fand, denn seine Form (von Pininfarina) wirkt immer noch modern. Sicherlich spielte die Preisgestaltung eine Rolle; preiswert war der Montecarlo nie, und die 120 PS seines 2-Liter-Motors rissen keine Bäume aus.
Cabrios, mit denen kaum jemand rechnete
In der Historie der Fahrzeugentwicklung hat es immer wieder seltsame Blüten gegeben, aber auch Autos, die in dieser oder jener Weise bis heute bemerkenswert geblieben sind, entweder, weil sie durch ungewöhnliche technische oder stilistische Besonderheiten auffielen, oder aber, weil sie von Herstellern auf den Markt geworfen wurden, denen man sie niemals zugetraut hätte. Fast alle brachten es nur auf bescheidene Stückzahlen, aber im Rückblick waren gerade diese absoluten Exoten oft das Salz in der Suppe und für Autofans die Juwelen in den jährlichen Ausgaben des „auto katalog“ (so die bis vor einigen Jahren korrekte Schreibweise) aus dem Stuttgarter Motor Presse-Verlag.
Nach dem 2. Weltkrieg lag Deutschland in Trümmern, wobei im Westen durch die Unterstützung der Amerikaner (Marshall-Plan) die Wirtschaft bald wieder Tritt fasste. Ostdeutschland hatte deutlich schlechtere Ausgangsbedingungen, da die Sowjets viele Produktionsanlagen demontierten und damit die sowjetische Besatzungszone weiter schwächten.
Trotzdem wurde 1955 der Wartburg 311 am Markt eingeführt, von dem überraschenderweise auch ein wunderschönes Cabrio entstand. Typisch für das Modell waren die schicke Zweifarblackierung und Polsterbezüge aus echtem Leder. Formal war dieses Cabrio auch international konkurrenzfähig, allerdings trübte der nicht mehr ganz zeitgemäße Zweitaktmotor seine Absatzchancen. In den 50er-Jahren war der technologische Rückstand von Autos aus dem Ostblock jedoch noch nicht ganz so augenfällig wie in den folgenden Jahrzehnten, und so fanden auch einige Wartburg den Weg in westliche Länder und dienten der DDR als Devisenbringer.
Den Wartburg aus den 50er- und 60er-Jahren gab es in einer Vielzahl von Karosserieversionen, darunter sogar eine bemerkenswerte „Campinglimousine“. Das Cabrio kam nur auf eine geringe Stückzahl, denn auch auf Exportmärkten war damals die Kaufkraft weiter Bevölkerungskreise noch gering.
Ein ähnliches Motiv veranlasste wohl auch sehr viel später in den 90er-Jahren die Chefs der russischen Automarke Lada dazu, eine Cabrioversion des Lada Samara in Auftrag zu geben, welche zunächst bei Karmann, später in Belgien gebaut wurde. Da in dieser Zeit Fahrzeuge aus osteuropäischer Produktion in Westeuropa preisgünstig angeboten wurden, blieb der Samara auch nach dem Umbau zum Cabrio ein erschwingliches Auto.
Bei der Konstruktion des Samara hatte Porsche Entwicklungshilfe geleistet. Gemessen an anderen Fahrzeugen aus dem damals sozialistischen Ausland war seine Konstruktion fortschrittlich. Auch die Cabrioversion konnte sich durchaus sehen lassen, immerhin war sie „bügelfrei“.
Hinzu kam, dass in den 90ern Cabrios plötzlich ausgesprochen angesagt waren. Nach der Vorstellung des Mazda MX5 1989 realisierten die Vertriebsabteilungen fast aller Hersteller, dass ein Cabrio im Produktportfolio nicht nur gut fürs Markenimage war, sondern sich mittlerweile auch in rentablen Stückzahlen verkaufen ließ. Zumindest hoffte man das, auch wenn durch das plötzliche Überangebot die Stücke vom Kuchen für jeden einzelnen Anbieter zwangsläufig kleiner wurden. Und so zerplatzten die hochfliegenden Pläne mancher Hersteller am Ende wie Seifenblasen.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Modell Yugo des serbischen Herstellers Zastava. Von diesem hätte wirklich niemand ein Cabrio erwartet, und doch kam das konstruktiv noch auf dem seligen Fiat 127 basierende Yugo Cabrio als Preisbrecher nicht nur auf westeuropäische Märkte, sondern ging sogar in den Export nach USA. Dort erwarb sich das Modell nach überraschenden Verkaufserfolgen zu Beginn seiner Karriere bald einen zweifelhaften Ruf wegen seiner Unzuverlässigkeit.
Beim Yugo Cabrio lenkten allerlei Karosserieapplikationen aus Kunststoff und schicke Alufelgen davon ab, dass seine Form schon bei der Vorstellung nicht mehr taufrisch war. Heute ist dieser „Underdog“ in Serbien, wo er produziert wurde, aber auch in den USA ein Kultmodell. Es gibt Spekulationen, dass die Marke Yugo bald ein Revival erleben könnte.
Am anderen Ende der Preisskala hat es nie an Versuchen mutiger Hersteller gefehlt, auch für exotische Konstruktionen zu horrenden Preisen eine Marktnische zu finden. Die Firma Panther Westwinds in Großbritannien war mit Replicas und Retromodellen recht gut im Geschäft, als ihr Chef auf die Idee kam, einen Supersportwagen mit 6 Rädern zu entwerfen. Es blieb – für Experten nicht unerwartet – bei lediglich zwei produzierten Exemplaren dieses Unikums namens Panther Six.
Der Panther Six wirkte bei seinem Erscheinen monströs und faszinierend zugleich. Die Idee mit den 6 Rädern wurde etwa zeitgleich mit dem Six auch beim Formel-1-Wagen von Tyrell umgesetzt, der 1976 immerhin einen Grand Prix gewinnen konnte.
Fast wie aus dem Nichts bereicherte ab etwa 2000 ein niederländischer Fahrzeughersteller mit einem traditionsreichen Namen die Autowelt: Spyker. Ein Multimillionär hatte sich die Namensrechte gesichert und bot mit dem C8 einen sündhaft teuren, jedoch auch besonders leistungsstarken Sportwagen mit Audi V8-Motor an, den es auch als offenen Spider gab. Das Fahrzeug war im Innenraum mit besonders hochwertigen Materialien ausgestattet und sorgfältig verarbeitet, wobei die dabei entstandene Gesamtkreation allerdings nicht bei jedem als geschmackssicher galt.
Zuviel Schmuck? Karosserie und Innenraum sind beim Spyker regelrecht überladen mit Chrom und anderen Applikationen in Metall-Optik. Das Vierspeichenlenkrad im historisierenden Design erinnert etwas an den Propeller im Markenlogo.
Ein weiterer unerwarteter Newcomer erschien Mitte der 80er-Jahre in Frankreich auf der Bildfläche, die Firma „Manufacture de voitures de sport“, kurz MVS, mit ihrem Erstlingswerk, dem Venturi. Dieses Fahrzeug war ein durchaus ernsthafter Versuch, einen französischen Sportwagen als Gegengewicht zu den Sportwagen aus anderen Ländern wie Deutschland, Japan und vor allem Italien am Markt zu platzieren.
Letztlich scheiterte dieser Versuch, weil der verwendete Motor, eine Weiterentwicklung des sogenannten Europa-V6, trotz nominell ausreichender Leistungsdaten keine ausgeprägt sportliche Leistungscharakteristik besaß. Trotzdem: die elegante Cabrioversion des Venturi-Sportwagens kann sich auch im Rückblick noch sehen lassen.
Beim Venturi erinnern nicht nur die Seitenlinie der Karosserie, sondern auch das Felgendesign an Ferrari. Hinsichtlich der Fahrleistungen konnte er aber den Rennern aus Maranello nicht das Wasser reichen.
Bei einem weiteren, eher unbekannten Exoten werden die Meinungen über das Design möglicherweise ganz unterschiedlich ausfallen, obwohl die Linienführung von einem Meister seines Fachs gezeichnet wurde, nämlich von Bertones früherem Chefdesigner Marcello Gandini. Es handelt sich um ein Fahrzeug mit sehr ungewöhnlicher Geschichte, welches als De Tomaso zur Welt kam, aber nach einem Streit um Namensrechte in den meisten Ländern als Qvale Mangusta vermarktet wurde.
Auf große Stückzahlen kam das Fahrzeug nicht, obwohl es mit einer bemerkenswerten Dachkonstruktion aufwartete: Im ersten Schritt konnte das Dachmittelteil über den beiden Sitzen entfernt werden, so dass eine Targa-Konfiguration entstand. Im zweiten Schritt bestand die Möglichkeit, die B-Säulen samt Heckfenster nach unten zu klappen, so dass man sich nun in einem Vollcabriolet den Wind um die Nase wehen lassen konnte.
Dieses Fahrzeug tauchte erstmals als De Tomaso Biguà auf einer Autoausstellung auf. Der namensgebende Hersteller war jedoch zu diesem Zeitpunkt in finanziellen Nöten, weshalb er das Projekt an einen erfolgreichen amerikanischen Autohändler verkaufte, der es zur Serienreife brachte und einige Jahre später unter eigenem Namen vermarktete.
Wie der Qvale Mangusta blieb auch der Alfa Romeo RZ nur eine kurze, wenn auch überraschende Episode in der Historie von Cabrios. Bis heute umstritten ist das von vielen Betrachtern als krude empfundene Design dieses Kleinserienprodukts. Der RZ war die Cabrioversion des SZ, wobei die beiden Buchstaben der Typbezeichnung als „Roadster Zagato“ gedeutet werden können und damit schon einen ersten Hinweis darauf geben, dass die Form unter Mithilfe des bekannten Designstudios geschaffen wurde. Ob Alfa Romeo mit der Entscheidung für dieses nur in geringer Stückzahl gefertigte Modell wie beabsichtigt einen Imagegewinn verzeichnen konnte, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.
Der exotische Alfa Romeo RZ wurde bei Zagato gebaut, kam aber wegen des hohen Kaufpreises nur auf geringe Stückzahlen. Mit einer Länge von gut 4 Metern fiel er sehr kompakt aus und nutzte die Antriebstechnik des Alfa 75 mit Heckantrieb.
Im Falle der Dodge Viper darf dies dagegen unterstellt werden, auch wenn man diesen brachialen 10-zylindrigen Power-Sportwagen von der Marke Dodge wohl am wenigsten erwartet hätte. Die Viper sprengte bei ihrer Vorstellung in den frühen 90ern selbst in den für PS- und hubraumstarke Motoren bekannten USA alle bisherigen Maßstäbe. Sie schrieb eine 25-jährige Erfolgsgeschichte in mehreren Modellgenerationen und war zunächst nur als Targa, etwas später auch als Coupé und schließlich als vollwertiges Cabrio erhältlich.
Erstaunlicherweise entstammte die Grundkonstruktion des Viper-Motors einem LKW-Motor. Da zur Entstehungszeit der Viper auch Lamborghini zum Chrysler-Konzern gehörte, wurde das Triebwerk dorthin „zur Kur“ geschickt. Das Ergebnis war beeindruckend: Je nach Modellgeneration standen mindestens 8 Liter Hubraum zur Verfügung, denen findige Tuner bis zu 1000 PS entlockten.
Ähnlich extrem, wenn auch aus anderen Gründen, ist der KTM X-Bow. Dieses Fahrzeug signalisiert durch sein kompromissloses Design im Stile eines überdimensionierten Go-Karts und durch die verwendeten Materialien mit einem hohen Anteil an Kohlefaser schon im Stand, dass es zum Schnellfahren geboren ist. Das in Österreich produzierte Sportgerät mit viel eingebauter Renntechnik stammt aus einem Motorradwerk und verzichtet serienmäßig sogar auf eine Windschutzscheibe. Offener geht es also kaum!
Hinter der Zukunft des mit einem Audi-Motor ausgerüsteten X-Bow steht aktuell ein Fragezeichen, denn sein Hersteller befindet sich in einem Insolvenzverfahren.
Fast genauso luftig wie der KTM aber von völlig anderem Charakter waren die verschiedenen Varianten des Fiat Jolly in den späten 50er- und 60er-Jahren. Diese hübschen, auf den Fiat-Modellen 500 oder (seltener) 600 basierenden Wägelchen werden häufig der Gattung „Strandwagen“ zugeordnet. Wegen ihrer seitlich ausgeschnittenen Karosserien kommen sie ohne Türen und natürlich auch ohne festes Dach aus. Über einem zeltartigen Aufbau bietet bei diesen Ausführungen nur ein an eine Markise erinnerndes Segeltuch einen notdürftigen Regen- bzw. bei Hitze auch Sonnenschutz. Natürlich handelt es sich bei den Jolly-Modellen um Schönwetterfahrzeuge, die zu fahren nur bei niedrigen Geschwindigkeiten Spaß macht. Deshalb waren sie gar nicht selten auf Golfplätzen im Einsatz.
Anstatt auf schweißtreibende, stoff- oder lederbezogene Sitzpolster zu vertrauen, verfügte dieser süße Italiener über luftige „atmungsaktive“ Korbsessel. Seitenhalt? War bei bestimmungsgemäßer Nutzung und Geschwindigkeit kein Thema.
Auch beim in Deutschland gebauten Amphicar war Geschwindigkeit kein zentrales Thema bei der Fahrzeugentwicklung – Schwimmfähigkeit dagegen schon! Das Amphicar konnte notfalls auch „baden“ gehen und suchte damit zielstrebig eine Marktlücke, die am Ende kleiner war als erwartet. So kam es, dass das Modell und sein Hersteller zwar im Wasser nicht untergingen, am Markt dagegen schon.
Das Amphicar weckt auch heute noch Aufsehen, wenn es sich ins Wasser begibt. Es wurde in den frühen 60ern hergestellt, zitiert mit seinen ausgeprägten Heckflossen jedoch auch Stilelemente der 50er-Jahre.
Ein ähnliches Schicksal ereilte den offenen Ford Capri. Offener Capri?? Tatsächlich gab es Umbauten des in Deutschland und Großbritannien seit 1968 produzierten Bestsellers, z.B. durch die Firmen Deutsch in Köln oder den englischen Umbauspezialisten Crayford. Ganz serienmäßig lief jedoch zwischen 1989 und 1994 in Australien ein Fahrzeug mit dem Namen Ford Capri vom Band, bei dem die Blechschere nicht zum Einsatz kommen musste. Der Capri von „Down under“ basierte technisch auf einem Mazda 323 und war ein eher zierliches 2-sitziges Cabrio. Pikanterweise machte ihm der eigene Konzernbruder Mazda MX5 den Garaus; die Zahl der nach Deutschland grau importierten Fahrzeuge ging in dem Maße zurück, wie der MX5 in höheren Stückzahlen geliefert werden konnte.
Mazda 323 im Tarnanzug: wie sein technischer Genspender aus Japan hatte dieser Capri Frontantrieb. Er war eher ein gemütlicher Cruiser, während der MX5 von Vornherein als Sportwagen mit Heckantrieb ausgelegt war und die Erwartungen traditioneller Roadster- und Spiderfans besser erfüllen konnte.
Sehr selten auf deutschen Straßen unterwegs waren auch Autos aus Südamerika. Eine Randnotiz blieb der brasilianische Puma auf VW-Basis, von dem auch ein hübsches Cabriomodell produziert wurde. Einige davon kamen in den 70ern auch nach Deutschland und sorgen bei vielen VW-Fahrern für ungläubiges Staunen, wenn sie auf Oldtimertreffen auftauchen. Wegen ihres geringen Gewichts war man mit diesen sportlichen Zweisitzern deutlich flotter unterwegs als mit den gleichstarken VW-Limousinen.
Formal konnte der stilistisch gelungene Puma mit europäischen Wettbewerbern gut mithalten; konstruktiv galt der Heckmotor zum Zeitpunkt seiner Vermarktung jedoch bereits als veraltet. Die anspruchslose VW-Technik war allerdings trotz schmächtiger Leistungsdaten ein gutes Kaufargument.
Beim letzten, zugegebenermaßen mit einem Augenzwinkern in dieser Rubrik vorgestellten Cabrio kam es auf Temperament eher weniger an. Sein Hersteller verfolgte mit ihm auch keinerlei sportliche Ambitionen. Seine Väter waren laut Wikipedia die amerikanischen Konzerne General Motors und Boeing, seine Modellbezeichnung: Lunar Roving Vehicle (LRV).
Das sagt nicht jedem Leser gleich etwas, zumal es nur in einer Auflage von drei Stück produziert wurde. Es dürfte das einzige Cabriomodell gewesen sein, welches komplett offen ist, aber dennoch nie Frischluft an die Köpfe seiner Passagiere heranließ. Es war ein „Personenkraftwagen zur Beförderung von Astronauten auf der Mondoberfläche“. So steht es in einem Wikipedia-Artikel mit dem Titel „Mondauto“.
Die LRV waren bei den Raumfahrtmissionen von Apollo 15, 16 und 17 im Einsatz und blieben auf dem Mond zurück. Ob sich dort jemand ihrer angenommen hat oder sie irgendwann restauriert werden sollen, ist bis heute leider nicht bekannt.
Sanft entschlafen, aber noch lange nicht tot
In diesem Kapitel gilt es, zunächst eine traurige Botschaft zu überbringen, um dann doch auch Trost spenden zu können. Nein, es soll hier nicht um Religion gehen, höchstens ein bisschen um Glaubensfragen.
Die grausame Realität: Die Zahl der in Deutschland noch verfügbaren Cabriomodelle nimmt seit Jahren ab. Um es noch etwas härter zu formulieren: es sind mittlerweile auch Modelle ersatzlos verblichen, die man vor kurzem noch als quicklebendig in Erinnerung hatte.
Denken wir zuerst an den Meistverkauften, den Golf. Seit 1979 hatte es von ihm auch ein Cabrio gegeben (mit Unterbrechung von 2002 bis 2011, aber in diesem Zeitraum gab es andere offene VW wie den New Beetle und den Eos), 2016 hat der Hersteller es beerdigt. Schade drum, es war der schönste offene Golf und hundert Prozent bügelfrei.
Der letzte einer traditionsreichen Familie: VW Golf VI Cabrio. Wie seine Vorgänger wurde es im ehemaligen Karmann-Werk in Osnabrück hergestellt, welches heute die Porsche-Modelle Cayman und Boxster fertigt. Von den späteren Golfs gab es keine Cabrios mehr.
„Ja aber,“ werden jetzt vielleicht einige einwenden, „was ist mit dem T-Roc Cabrio? Das entspricht doch als SUV-Cabrio voll dem Zeitgeist!“ Stimmt, tut es. Noch. Denn beim T-Roc ist der Cabrioanteil an den Gesamtzulassungen des Modells stark rückläufig. Hier zeigt sich eine für alle Hersteller gültige Crux von Cabrioversionen: Sie sind Modeartikel, und sobald ihr Neuigkeitswert verpufft ist, sinken ihre Verkaufszahlen und sie werden zum Zuschussgeschäft. Das gilt sogar für eine so bodenständige Marke wie VW. Wenn sich Vorhersagen bewahrheiten, wird es nach dem in Bälde bevorstehenden Modellwechsel beim T-Roc kein Cabrio mehr geben. Damit endet eine jahrzehntelange Tradition.
Und wie sieht es bei der VW-Tochter Audi aus? Keinen Deut besser! Das kompakte und deshalb für viele erschwingliche A3-Cabrio wurde schon 2020 mangels Rentabilität eingestellt.
Zweitürige Stufenhecks sind für die Kreation einer stilistisch überzeugenden Cabrioversion eine ausgezeichnete Basis, wie man beim Audi A3 erkennen kann. Die letzte Version dieser Baureihe begeistert mit zeitlosem Chic.
Beim A5 ist die Situation nur marginal besser: Im Zuge des Modellwechsels fielen im Juli 2024 sowohl Coupé wie auch Cabrio aus dem Programm. Immerhin: für Schnellentschlossene mag es eventuell noch Neuwagen aus Lagerbeständen oder junge Gebrauchtfahrzeuge geben.
Eleganz mit einem dezenten Schuss Sportlichkeit verkörperte das Audi A5 Cabriolet. Schade, dass für ein so stimmiges Konzept nicht mehr ausreichend Käufer zu finden sind. Aber für viele Interessenten aus der Generation der „Baby-Boomer“ wird die tiefe Sitzposition inzwischen zum KO-Kriterium.
BMW? Da gab es doch fast in jeder Klasse ein Cabrio, oder nicht? Schauen wir mal genauer hin: Das Einstiegsmodell in die Cabriowelt war bei BMW in diesem Jahrtausend zunächst der 1er, seit 2013 dann der 2er. Ihm ging es nicht besser als dem Wettbewerber Audi A3. Kaum war dieser eingestellt worden, verschwand auch der offene 2er BMW von der Bildfläche. Möglicherweise wurde die Entscheidung zur Produktionseinstellung dadurch begünstigt, dass außer dem in Mexiko hergestellten Coupé alle aktuellen Modelle des 2er BMW mit Frontantrieb zu ihren Kunden fahren. Starke Ausführungen wie die extrem potenten M-Versionen, welche typisch für den Hersteller sind, kann man sich mit diesem Antriebslayout nur schwerlich vorstellen.
Das BMW 2er Cabrio wartete mit ähnlichen Proportionen auf wie das Audi A3 Cabrio und sprach auch eine ähnliche Zielgruppe an: Trotz der kompakten Abmessungen war es ein Fahrzeug mit „Premium-Anspruch“, auch wenn die prestigeträchtigen 6-Zylinder den „M-Modellen“ vorbehalten blieben.
Die Nomenklatur in der BMW-Mittelklasse gestaltete sich ähnlich wie in der Kompaktklasse: Zunächst waren auch die Cabrios Varianten des 3er, ab 2013 wurden sie dann der 4er-Baureihe zugeordnet. Die aktuelle Modellgeneration des 4er BMW ist seit 2020 am Markt, und an dieser Stelle gibt es endlich etwas Erfreuliches zu vermelden: Das 4er Cabrio kann auch heute noch nagelneu erworben werden, und da die Zahl der Wettbewerber ständig abnimmt (siehe Audi), dürfte es sich am Markt wohl noch eine Zeitlang halten.
Die „Doppelniere“ ist seit jeher ein typisches Designmerkmal der BMW-Modelle. Beim aktuellen 4er erreichen ihre Ausmaße eine Dimension wie bei den zeitgenössischen SUV-Modellen der Marke. Ob man das schön findet oder nicht, liegt im Auge des Betrachters.
Ähnlich positiv kann die Situation beim BMW Z4 beurteilt werden. Er ist zwar bereits seit 2018 erhältlich, aber da sich auch bei den Roadstern mehr und mehr Konkurrenten aus dem Markt verabschieden, entspannt sich seine Position etwas. Mit rund 200 PS in der „schwächeren“ Ausführung sind beim Z4 die Leistungsdaten des Motors nicht ganz so extrem explodiert wie bei den M-Modellen der Marke. Für manche potenziellen Kunden durchaus ein Kaufargument, denn mit der Leistung steigen erfahrungsgemäß auch die Betriebskosten.
Der aktuelle Z4 ist zwar nicht mehr so zierlich wie seine Vorgänger, geht aber nach heutigen Maßstäben immer noch als kompaktes, zweisitziges Sportcabrio durch. So blieb diesem Modell – auch dank des Hinterradantriebs - die markentypische Dynamik auch dann erhalten, wenn es einmal zügig um die Ecken gehen soll.
Ein britischer Klassenkamerad des BMW Z4 musste 2024 leider die Segel streichen: Der Jaguar F-Type hielt in den letzten 10 Jahren die sportliche Fahne der Briten hoch, und das, gemessen am Stückzahlpotenzial der Marke Jaguar, recht erfolgreich. Das aus jeder Perspektive knackige Design des F-Type setzte einen markanten Kontrapunkt zu den größeren und komfortableren Vorgängern der XK-Serie. In der Endphase der Modelllaufzeit wurde der F-Type, gemessen an Format und Motorleistung, zu Schnäppchenpreisen angeboten. Wer sich also bald ein Cabrio in dieser Klasse zulegen möchte, sollte intensiv die Kleinanzeigen in den Fahrzeugbörsen studieren.
Der F-Type war eine attraktive und preiswertere Alternative zu den deutschen Konkurrenten aus der Premium-Liga. Warum er keine größere Verbreitung fand? Fehlender Bekanntheitsgrad und dünnes Händlernetz machten ihn zu einem Fall für anglophile Individualisten.
In der volkstümlichen Preisklasse sind Cabrios seit Jahren Mangelware. Durchgehalten bis heute hat eigentlich nur der Mazda MX5, und auch bei diesem Klassiker zeigen sich Anfälle von Schwäche: Der beliebte 184-PS-Motor wurde auf Grund sich ständig verschärfender Abgasgesetze aus dem Programm genommen. Aber noch gibt es den puristischen Japaner, und zum Offenfahren reicht auch der kleinere Motor mit 132 PS, wenn man fleißig zum Schaltknüppel greift.
Während alle direkten Wettbewerber inzwischen entweder vom Markt verschwunden oder ordentlich „Fett“ angesetzt haben, ist sich der kleine Japaner bis heute treu geblieben: Seine Abmessungen sind genauso kompakt wie beim Urmodell von 1989, das garantiert trotz nominell eher bescheidener Leistungsdaten weiterhin intensiven Fahrspaß.
Hier offenbart sich ein Dilemma, welches die Hersteller von Cabrios in Entscheidungsnöte bringt. Die Gesetzgebung bezüglich des Schadstoffausstoßes von Fahrzeugen erscheint immer öfter willkürlich und unplanbar. Das Risiko, schon bald mit weiteren Vorschriften konfrontiert zu werden, die zu ihrer Erfüllung erheblicher finanzieller Anstrengungen bedürfen, wird zunehmend unkalkulierbar. Also vermeidet man dieses und verzichtet auf den „Luxus“ eines Cabrios im Modellprogramm, welches nicht die erforderlichen Stückzahlen verspricht, um die Investitionskosten zu decken.
Je geringer die voraussichtliche Rendite einer Modellreihe auszufallen droht, umso weniger sind Hersteller bereit, das Risiko von kleinen Stückzahlen einzugehen, vor allem im Kleinwagensegment. Es gibt kaum noch Kleinwagen am Markt, dabei wären sie in vielen Fällen die „richtige“, weil unter Abwägung aller Aspekte umweltfreundlichste Antwort auf die Mobilitätsbedürfnisse zahlreicher Menschen in dieser Zeit.
So überrascht es wenig, dass 2024 die letzte, sogar mit Elektroantrieb versehene Version des beliebten Smart Cabrios vom Markt genommen wurde. Eigentlich ein Trauerspiel, aber von der Politik so gewollt, trotz gegenteiliger Beteuerungen.
Das winzige Smart Cabrio hatte eigentlich keine echten Konkurrenten, aber der „Zeitgeist“ verlangt mittlerweile nach großen Autos, speziell nach SUVs. Unter dem Konzerndach von Geely entstehen auch heute noch Smarts; diese sind allerdings der Kleinstwagenklasse entwachsen und werden in China hergestellt.
Cabrioflaute also (fast) allerorten, welchen Trost soll es da noch geben? Nun, ganz so hoffnungslos ist die Lage nicht, wie im nächsten Kapitel dieser Folge ausgeführt wird, in der ein Ausblick auf zukünftige Cabrios gewagt wird. Und außerdem: die Auswahl an gebrauchten Cabrios ist riesig, zurzeit auch noch an jungen Gebrauchtwagen. Die in den letzten Jahrzehnten produzierten Fahrzeuge namhafter Hersteller weisen in aller Regel eine hervorragende Produktqualität und Dauerhaltbarkeit auf. Da viele Cabrios oft nur geringe Fahrleistungen auf dem Buckel haben, ist heutzutage auch der Kauf von 10 Jahre alten Fahrzeugen kein extremes Risiko mehr.
Das war vor 50 Jahren noch anders: 1975 waren Autos in diesem Alter schon „verdächtig“, vor allen Dingen wegen des allgegenwärtigen Rostes. Der TÜV zog manche Kandidaten reihenweise aus dem Verkehr und hatte auch mit verbrauchten Cabrios wenig Mitleid. Heute sind dagegen fast alle Karosserien vollverzinkt, und wenn Cabrios als Zweitwagen genutzt werden, bleibt ihnen üblicherweise auch der korrosionsfördernde Winterbetrieb erspart. Ein moderner Motor ist in aller Regel gut für 200000 Kilometer oder mehr, eine Laufleistung, die Cabrios kaum erreichen.
Fazit: Wer tatsächlich zeitnah ein Cabrio kaufen will und am Neuwagenmarkt nicht (mehr) fündig wird, sollte sich intensiv mit den Gebrauchtwagenangeboten seines Favoriten beschäftigen. Und wer Zeit bis zur nächsten Anschaffung hat, sollte sich auch Zeit nehmen, wenn sein jetziges Cabrio keinen unmittelbaren Ersatzbedarf signalisiert.
Auch in Zukunft werden die Gesetze des Marktes funktionieren. Konkret: wenn die Nachfrage nach neuen Cabrios wieder steigt, wird es auch wieder Angebote geben. So groß wie in den 90ern wird die Nachfrage jedoch kaum wieder sein, denn damals waren die vielen Babyboomer in einem Alter, in dem man Träume gerne realisierte, z.B. den Traum von einem Cabrio. Die heutige Generation in der entsprechenden Altersklasse ist bei weitem weniger zahlreich. Auch der Zeitgeist hat sich geändert, und das, was früher ein Cabrio zum persönlichen Selbstwertgefühl beitrug, müssen heute oft die AMG-, RS- und M-Versionen der deutschen Premiumhersteller leisten.
Sei’s drum: Freuen wir uns darüber, dass wir unserem Hobby noch auf viele Jahre hinaus frönen dürfen, davon sollten wir ausgehen, auch wenn die Politik wohl auch in Zukunft unberechenbar bleibt und uns eventuell bald mit höheren Kraftstoffkosten und Steuern „bestrafen“ wird. Egal, Frischluft und Sonne im Cockpit sind unbezahlbar!
Was kann jetzt noch kommen? - Zukunftsaussichten
Zugegeben, die Zahl der als Neuwagen bestellbaren Cabrios hat auch im letzten Jahr weiter abgenommen. Erfreulicherweise sind trotzdem auch (wenige) neue Cabrios vorgestellt worden, darunter der Hoffnungsträger einer großen Cabriomarke, der neue Mercedes CLE.
Mercedes war bis vor gar nicht allzu langer Zeit noch mit vier Cabriomodellen am Markt präsent, dem SLK, dem SL, dem C-Klasse Cabriolet und dem E-Klasse Cabriolet. Bei den Sportwagen konzentriert man sich, wie bereits in einem vorangegangenen Kapitel erläutert, neuerdings auf die starken AMG-Modelle mit Preisen über 100000 Euro. Da ist es erfreulich, dass die Einstiegspreise für den CLE deutlich unterhalb dieser für viele Interessenten unüberwindbaren Preisschwelle liegen.
Auch der neue CLE pflegt den gediegenen Stil der Marke Mercedes: Das Design ist nicht übertrieben modisch, sondern angenehm zeitlos. Mangels direkter Konkurrenz dürfte der Hersteller die zur Kostendeckung notwendigen Stückzahlen erreichen, auch weil Mercedes auf eine markentreue Stammkundschaft bauen kann.
Der CLE ersetzt also zwei Modelle, womit der Hersteller auf die Marktschwäche bei Cabrios reagiert. Das neue Modell dürfte dennoch erfolgreich die Fahrer der beiden bisherigen Modelle ansprechen, denn es ist kaum kürzer als das ausgelaufene E-Klasse Cabriolet und sieht deshalb auch eleganter aus als das bisherige, etwas gedrungen wirkende C-Klasse Cabrio.
Die Fahrleistungen sind selbst bei der Einstiegsmotorisierung für ein Fahrzeug, das in erster Linie zum entspannten Cruisen bei schönem Wetter ausgelegt ist, vollkommen ausreichend. Wer mal schnell beschleunigen will, muss dank des serienmäßigen Automatikgetriebes nur das Gaspedal bis zum Bodenblech durchdrücken und ist dann in gut 9 Sekunden auf 100 km/h. Sportlich ambitionierte Fahrer schaffen es bei der AMG-Version auch in der halben Zeit, das ist ein Wert, den im alten Jahrtausend nicht mal Supersportwagen erreichten. Dazwischen gibt es jede Menge Motorisierungsalternativen, darunter auch eine Version mit Hybridantrieb.
Weitere von Limousinen oder viersitzigen Coupés abgeleitete Cabriomodelle sind aktuell leider nicht in Sicht. Frühere Volumenhersteller wie Ford und Opel aus Deutschland oder auch Renault und Peugeot aus Frankreich haben sich aus dem Cabriomarkt schon vor vielen Jahren verabschiedet; andere ehemals für den Bau von Cabrios bekannte Marken wie Fiat, Alfa Romeo oder manche japanische Hersteller hatten sich schon früher mehr auf sportliche zweisitzige Cabrios oder Coupés konzentriert.
So war es auch bei den Briten, allen voran bei der Marke MG. Das Schicksal der Marke soll hier nicht detailliert nachgezeichnet werden, die Namensrechte liegen seit der Insolvenz von Rover bei einem chinesischen Hersteller. Dieser erkannte sehr schnell den Wert der traditionellen britischen Marke und nutzt sie erfolgreich zur Vermarktung von PKW, auch in Deutschland.
Der bei uns gerade neu vorgestellte Cyberster wird ganz erheblich dazu beitragen, dass sich die Verkaufszahlen der Brot- und Buttermodelle von MG weiter positiv entwickeln. Dieses Modell ist ein absoluter Paukenschlag. Tesla war zwar der erste, der einen Elektroroadster anbieten konnte, aber dieser war von Anfang an nur als Kleinserienprodukt geplant. Mit dem Cyberster hat MG jedoch wesentlich höhere Stückzahlambitionen.
Die Rechnung wird ziemlich sicher aufgehen: Das Modell ist rein elektrisch unterwegs und liefert in jeder Version fulminante Beschleunigungswerte, wie sie einem echten Sportwagen gut anstehen. Weil die Proportionen stimmen und die Scherentüren à la Lamborghini einen weiteren kräftigen Designakzent setzen, ist der Cyberster auch optisch ein Hingucker.
Wohl kaum ein Experte hätte der mittlerweile chinesischen Marke MG ein solches Auto zugetraut. Aber der Name MG verpflichtet. Bis zum Erscheinen des Mazda MX5 war der von 1962 bis 1980 gebaute MG B Rekordhalter bei der Produktion von zweisitzigen Cabrios.
Wenn sich die Nachfrage gut entwickelt, könnte es passieren, dass der eine oder andere Nachahmer des Cyberster das Konzept aufgreift und es zu einer Belebung des Marktes für sportliche, noch erschwingliche zweisitzige Cabrios kommt, was natürlich im Sinne aller Cabrioenthusiasten wäre. Ein vielversprechender Kandidat ist hier der Porsche Boxster. Das aktuelle Modell der Serie 718 mit Verbrennungsmotor darf auf Grund gesetzlicher Vorschriften in der EU nicht mehr zugelassen werden und wird nur noch kurze Zeit für den Export produziert. Porsche hat jedoch bereits angekündigt, dass der Boxster einen elektrisch angetriebenen Nachfolger erhalten wird.
Der „wahre“ Porsche? Der Boxster ist deutlich kompakter als der aktuelle 911 und wartet mit einer beeindruckenden Fahrdynamik auf. Er pflegt damit die ursprünglichen Maxime, nach denen Sportwagen gebaut wurden: kompakte Abmessungen, überschaubares Gewicht, starke Motoren, im Falle des Boxster bis 500 PS beim „Spyder RS“.
Für diejenigen, welche mit einem üppigen finanziellen Hintergrund ausgestattet sind, ist die Cabriowelt sowieso in Ordnung und wird es vermutlich auch bleiben. Das Cabriosterben in den volkstümlichen Segmenten erfasste die Hochpreisliga kaum. Aston Martin, Bentley, Ferrari, Lamborghini, McLaren und der Porsche 911 sind nach wie vor als Cabrio lieferbar.
Dennoch hinterlassen auch in diesem Segment gesetzliche Vorgaben ihre Spuren. Der 2024 vorgestellte Bentley Continental GTC der vierten Generation erhielt ganz zeitgemäß einen Antrieb mit Plug-in-Hybrid-Technologie. So gerüstet, erfüllt er die aktuelle Abgasnorm und wird voraussichtlich noch einige Jahre von Interessenten gekauft werden, die keinen reinen Elektromotor in ihrem Luxuscabrio haben möchten.
Egal in welcher Außenfarbe, ein solcher Bentley beeindruckt durch seine schieren Dimensionen. Auch die Fahrleistungen erfüllen „gehobene“ Ansprüche. Wenn es die Verkehrsbedingungen und die persönliche Eignung des Fahrers zulassen, kann man damit bis auf 285 km/h beschleunigen – laut Bentley geschlossen oder offen!
Alle, die dies nicht stört, werden seit kurzem beim italienischen Nobelhersteller Maserati fündig: Dort entsteht, neben einer Version mit V6-Biturbo-Verbrenner, auch ein viersitziges, vollelektrisches Cabrio mit einer Form zum Niederknien, das Gran Cabrio Folgore (italienisch = Blitz). Wie die meisten elektrischen Sportwagen imponiert es mit rennwagenmäßigen Fahrleistungen; die Beschleunigung von 0 auf 200 (!) wird mit 9,1 Sekunden angegeben!
Kann man das heute noch verkaufen? Schön wäre es! Der Maserati imponiert mit einem dezent sportlichen Design, welches ohne übertriebene Effekthascherei auskommt: keine aufdringlichen Spoiler, keine störenden Lufteinlässe, keine aufmerksamkeitsheischenden Scheinwerferbatterien, kein martialisches Felgendesign – einfach schön!
Es steht zu erwarten, dass in der Luxusklasse über kurz oder lang auch andere europäische Hersteller zu komplett elektrisch angetriebenen Fahrzeugen wechseln (müssen). Ob das auch für den amerikanischen Sportwagenklassiker Corvette gilt, muss man abwarten. Aktuell ist die achte Generation der Corvette in Deutschland immer noch als reiner Verbrenner bestellbar. In den USA wurde sogar schon nachgelegt, dort gibt es seit 2024 die ZR1, laut „auto motor und sport“ mit einer Leistung von 1118 PS. Damit katapultiert sich die C8 in die Riege von Supersportwagen vom Schlage eines Bugatti.
Die neueste Corvette ist kein „Vollcabrio“ mehr, sondern ein Targa. Damit kommt eine Bauweise zu Ehren, die fast schon in Vergessenheit zu geraten schien. Sicherlich wird das Fahrerlebnis beim Ausreizen der Leistung von der durch den Dachbügel verbesserten Karosseriestabilität profitieren.
Eben dort entsteht laut Wikipedia das aktuell schnellste Cabrio der Welt mit einem 16-zylindrigen Verbrennermotor, der Mistral. Wer jetzt Appetit bekommen hat auf diesen 450 km/h schnellen Boliden: Leider Pech gehabt, die limitierte Stückzahl von 99 Fahrzeugen zum Stückpreis von fast 6 Millionen Euro netto ist bereits verkauft …
Dieser Extremsportwagen von Bugatti zitiert mit dem hufeisenförmigen Kühlergrill ein Designmerkmal der Marke, welches schon typisch für die Rennboliden aus der Vorkriegszeit war.
Wie gut, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit bald auch wieder ein Cabrio geben wird, welches zu überschaubaren Preisen den Markt der Kleinwagen und Zweitwagen bereichern wird, sogar mit 4 Sitzen, damit auch mal die Kinder mitfahren können. Die Rede ist von der seit 2024 gebauten neuesten Mini-Generation, die es als Cabrio zwar bisher nur mit Verbrennungsmotoren gibt, bei der aber eine elektrifizierte Version nur noch eine Frage der Zeit ist. Bei den geschlossenen Minis gibt es den Elektroantrieb schon; entwickelt wurde diese Variante pikanterweise in Zusammenarbeit mit einem chinesischen Hersteller.
Trösten wir uns also vorläufig damit, dass die Cabriozukunft trotz aller Bedenken nicht ganz hoffnungslos ist, und glauben wir an die Mechanismen des Marktes: Wo eine Nachfrage vorhanden ist, gibt es meistens auch ein Angebot. Insofern haben es die Cabriofans ein Stück weit selbst in der Hand, indem sie den Herstellern einen Bedarf signalisieren. Mittelfristig dürften auch die Vorbehalte der Konsumenten gegenüber elektrisch angetriebenen Fahrspaßautos fallen, spätestens dann, wenn das Erstauto sich mit dieser Technik bewährt hat.
Was ist denn nun wirklich ein Cabrio?
In den vergangenen 8 Folgen dieser Serie sind ganz unterschiedliche Fahrzeuge vorgestellt worden, die „oben offen“ sind. Sofern es sich nicht um Limousinen oder Coupés mit lediglich einen Teil der Dachöffnung freigebenden Schiebedächern handelt, dürfen alle diese Fahrzeuge dem Baumuster „Cabrio“ zugeordnet werden. Im heutigen Sprachgebrauch wird der Begriff viel häufiger als früher auch für nur teilweise zu öffnende Fahrzeuge verwendet, z.B. Targas. Sprachwissenschaftlich ausgedrückt kann man hier von einer Bedeutungserweiterung sprechen, denn im ursprünglichen Sinne wurde der Begriff „Cabriolet“ sehr viel enger ausgelegt (siehe Folge 1).
Trotzdem kommt es im Kreise von Cabriofahrern hin und wieder zu Diskussionen darüber, ob ein konkretes Fahrzeug ein „richtiges“ Cabrio sei oder nicht. In früheren Zeiten konnte dabei ein Blick in die Fahrzeugpapiere hilfreich sein, dort wurde bei „Cabrios“ die Bauart „offen“ eingetragen. Heute dagegen können die Eintragungen manchmal eher verwirrend als hilfreich sein; bei einem anerkannten Sportwagen wie der Lotus Elise steht leider nicht „Targa“ in den Papieren, was zutreffend wäre, sondern „Cabriolimousine“. Bei einer echten Cabriolimousine wie dem Citroën DS3 Cabrio erscheint beim Fahrzeugtyp der Eintrag „DS3 Cabrio“, bei der Fahrzeugart dagegen „Schräghecklimousine“. Das mutet tatsächlich eher „schräg“ an und ist vermutlich nicht einmal ein Einzelfall.
Wenn also schon die Behörden bei den verschiedenen Baumustern im Dunkeln tappen, sollten sich Cabriofahrer erst recht nicht auf unnütze Diskussionen einlassen, die der Cabriobewegung eher schaden als nutzen. Freuen wir uns einfach über den Fahrspaß und den Fahrtwind, mit denen uns offene Fahrzeuge verwöhnen, und lernen wir es schätzen, dass trotz der aktuellen Cabrioflaute noch so viele Cabrios unterwegs sind.
Eine ähnlich zahlreiche, bei näherem Hinschauen auch spannende, Vielfalt von Ausprägungen gibt es bei anderen Baumustern von Fahrzeugen bei weitem nicht, und natürlich gibt es auch viele Übergänge zwischen den „klassischen“ Beispielen, welche in dieser Abhandlung die Kapitelüberschriften zieren. In Zeiten, in denen die Auswahl an offenen Fahrzeugen stark geschrumpft ist, ist jedes offene Fahrzeug eine Bereicherung für die Szene – bleiben wir also tolerant und weiter offen für das, was kommt!
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